MAKROÖKONOMIK · МАКРОЭКОНОМИКА
Das
gesamtwirtschaftlicheMultiplikatormodell
(Общеэкономическая
модель
мультипликатора)
Wilfried
Fuhrmann
Ajdyn Sultanow
Anschrift der Verfasser:
Prof. Dr. Wilfried Fuhrmann
Dr. Ajdyn Sultanow
August-Bebel-Str.
89
D-14482
Potsdam
Tel./
Fax: (+49) - (0) 331 - 977 - 3219 /
-3223
E-mail:
fuhrmann@rz.uni-potsdam.de
sultan@rz.uni-potsdam.de
http://141.89.32.20/u/ls_makrooek/index.htm
© W. Fuhrmann; ISSN
1433-920X
-1998-
© W. Fuhrmann; ISSN 1433-920X
-1998-
I. Vorbemerkung
Jeder Studierende der
Ökonomik, egal ob der Betriebs- oder der Volks-wirtschaftslehre, wird sehr früh
in seinem Studium mit dem Multiplikator-ansatz in Form des Investitions- , des
Staatsausgaben- und des Export-multiplikators konfrontiert. In einigen Ländern
begegnet der Studierende diesem Ansatz schon in der Schule. Der Ansatz steht wohl fast in jedem
ökonomischen Lehrbuch der Welt.
Allerdings „rauscht“ der
Multiplikator zumeist an den Studierenden vorbei und gleichzeitig endet mit dem
Multiplikator bei vielen Studieren-den das Interesse an der Makroökonomik.
Diese wird dabei sehr schnell mit Attributen wie unverständlich, zu
theoretisch, zu abstrakt oder zu realitätsfern versehen.
Und - diese Empfindungen,
diese Charakterisierungen stimmen häufig.
Der mit dem Multiplikator
abgeleitete gesamtwirtschaftliche Einkommens-effekt einer staatlichen
Ausgabenpolitik ergibt sich in einem nur sehr selten dargestellten umfassenden
gesamtwirtschaftlichen Modell. Es ist ein sehr komplexes Modell und keine, wie sehr häufig erklärt, Partialanalyse ausschließlich des
Gütermarktes. Und es wird der maximal denkbare Multiplikorwert abgeleitet -
ohne daß die dabei unterstellten Szenarien auf den Märkten benannt und erkannt
werden.
Dieser (keynesianische)
Erklärungsansatz zeichnet sich wohl durch das höchste Aggregationsniveau aus
und erfordert im Grunde schon ein geschultes Ökonomik-Verständnis. Er gehört
somit eher an das Ende, als an den Anfang
eines Studiums.
Allerdings wird durch das
hohe Aggregationsniveau eine besondere Situation erreicht: mit nur einer
Verhaltensgleichung, die darüberhinaus empirisch relevant und dem Anfänger
unmittelbar verständlich ist, läßt sich ein in fast allen Modellen auftretendes
ökonomisches Prinzip erklären. Aus dieser Überlegung gehört der
Multiplikatoransatz eher an den Anfang, als an das Ende des Studiums.
II. Einführung
So wie Knappheit ein
zentraler Ausgangpunkt der Ökonomik ist, so ist die Idee des Kreislaufes
zentral für die Makroökonomik.
Die Makroökonomik als
Erklärung gesamtwirtschaftlicher Größen (wie Volkseinkommen, Konsum, Ersparnis,
Beschäftigung, Preise, Löhne, Zinssätze usw.) betrachtet miteinander verbundene
Märkte bzw. ein System interdependenter Märkte und führt damit eine sog.
Totalanalyse durch.
Jedes Totalmodell muß dabei
mindestens zwei Sektoren (den Sektor der Privaten Haushalte und den Sektor der
Privaten Unternehmen) enthalten und vier Märkte (jeweils einen Markt für
produzierte Güter, für Arbeits-leistungen, für Kapital im Sinne von
Wertpapieren und für Geld). Im martkwirtschaftlichen System findet der Tausch
stets unter Verwendung von Geld statt.
Ein derartiges Modell weist
das höchste Aggregationsniveau auf. Bei
einem niedrigeren Aggregationsniveau bzw. einer stärkeren Realitätsnähe werden
beispielsweise „n“ Gütermärkte und nicht ein Gütermarkt berücksichtigt.
Allerdings gehen, man lasse gedanklich „n“ stark steigen, mit steigender
Realitätsnähe gleichzeitig verloren: die
Lösbarkeit und die Übersichtlichkeit des
Systems ebenso wie die Möglichkeiten, eindeutige Aussagen treffen und
Zusammenhänge klar erkennen zu können.
Mit der steigenden Anzahl der unterschiedenen Märkte steigt die
Wahrscheinlichkeit, daß man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht und daß
man mitten im Wald auch das
(arten-)typische Entwicklungsmuster eines Baumes nicht erkennt.
Die Erkenntnis gesamtwirtschaftlicher
Zusammenhänge und Prinzipien erfordert noch vor der Entwicklung eines Modells
eine genaue Darstellung der im Modell zu berücksichtigenden Tatbestände und
Vehaltensweisen bzw. Ausgrenzung der nicht berücksichtigten, d.h. eine
umfangreiche Darstellung der Annahmen. Erst danach wird das Modell dargestellt
und dann bezüglich der zu analysierenden Fragen gelöst. Das zu entwickelnde
Modell und entsprechend auch die zu treffenden Annahmen sind also abhängig von
der Fragestellung bzw. dem Ziel der Analyse.
Entsprechend der
obengenannten Rahmenbedingungen wird das Modell wie folgt definiert:
Das
Multiplikatormodell ist der Form nach ein komplexes System von vier
interdepedenten Märkten - Gütermarkt, Arbeitsmarkt, Geldmarkt, Kapitalmarkt,
und es ist der Funktion nach ein Instrument zur Analyse von Auswirkungen von
auf dem Gütermarkt auftretenden realen Störungen.
Lautet beispielsweise die
Frage: welche Auswirkungen hat eine Erhöhung der Nachfrage des Staates auf das Einkommen, die Produktion und
Beschäftigung in einer Volkswirtschaft, dann kann sie beispielsweise mit dem
Multiplikatormodell beantwortet werden.
Das Multiplikatormodell wird
zeigen, daß die Veränderung der gesamt-wirtschaftlichen Größen größer ist als
der verursachende exogene Impuls.
Wenn also beispielsweise der
Staat seine Nachfrage nach Gütern erhöht, so werden die Unternehmen darauf
reagieren und zusätzliche Arbeitskräfte nachfragen sowie diese Güter zusätzlich
produzieren. Dadurch ergibt sich ein höheres Einkommen bei den privaten
Haushalten, worauf diese dann reagieren, indem sie mehr Konsumgüter nachfragen
und zusätzlich sparen. Auf diese induzierte Nachfrageerhöhung reagieren wieder
die Unternehmen, dann wieder die Haushalte usw.
Letztlich sind die
Produktion und das Einkommen in der Volkswirtschaft um mehr gestiegen als um
die zusätzliche Nachfrage des Staates. Das Einkommen ist um ein Mehrfaches der
zusätzlichen Nachfrage des Staates gestiegen.
Der Multiplikator erklärt
nun das Ausmaß dieser den Impuls verstärkenden
bzw. multiplizierenden Reaktionen der Haushalte und Unternehmen.
Außerdem zeigt das Modell, unter welchen Bedingungen sowie aufgrund welcher
Reaktionsmuster dieser Effekt auftritt.
III. Das System der Märkte
Die folgende Graphik zeigt:
1. die in jedem makroökonomischen Modell einer
Marktwirtschaft
berücksichtigten drei Sektoren; es sind
die Gesamtheit aller Unter-
nehmen und aller Haushalte sowie der
Staat, der hier unterteilt ist in die
Zentralbank und in die Regierung bzw. den
Staatshaushalt;
2. die vier aggregierten Märkte einer
Marktwirtschaft und
3.
die Verbindungen zwischen
den Märkten und Sektoren, die sich daraus
ergeben, daß
die Wirtschaftssubjekte auf den Märkten agieren bzw. als Anbieter und
Nachfrager auftreten.
Arbeitsmarkt
Kapitalmarkt
(Wertpapiermarkt)
Unternehmen
Haushalte
Geldmarkt
Zentralbank
Regierung
Gütermarkt
III.1. Graphische Präsentation
des
Angebots- und
Nachfrageverhaltens
Nicht berücksichtigt (siehe
spätere Erklärung) wurden in der Darstellung des Marktsystems sog. öffentliche
Güter (wie Rechtssicherheit), Steuern,
Rentenzahlungen usw. ebenso wie das Ausland (Analyse einer
„geschlos-senen Volkswirtschaft“) oder die Umwelt.
Symbole:
Große (kleine) Buchstaben
kennzeichnen i.d.R. nominale (reale)
Größen.
Ein hochgestelltes „A“
bzw. „N“ kennzeichnet Angebot
bzw. Nachfrage.
Ein tiefgestelltes
"U" bzw. "HH" kennzeichnet Unternehmer bzw. Haushalte.
B Anzahl der Wertpapiere,
C ( c)
nominaler (realer) Konsum,
G ( g)
nominale (reale) Nachfrage des Staates,
i Zinssatz,
I ( j)
nominale (reale)
Investitionsgüternachfrage,
L Nachfrage nach Geld (seitens der
Haushalte und Unternehmen),
M nominale Geldmenge,
N Beschäftigung, Arbeitsangebot,
Arbeitsnachfrage,
P Güterpreis,
PK Preis der Wertpapiere (Börsen-Kurs),
S ( s)
nominale (reale) Ersparnis,
V ( v)
nominales (reales) Vermögen,
W ( w) nominaler (realer) Lohnsatz,
Y ( y)
nominales (reales ) Volkseinkommen bzw.:
aggregierte nominale (reale)
Güternachfrage oder Güterangebot.
WNN
WNA
Arbeitsmarkt
W, N
Kapitalmarkt
(Wertpapiermarkt)
PK, B
(B PK)A (B PK )N
V+S=
Unternehmen
Haushalte
LU
LHH
Geldmarkt
i, M
M
Zentralbank
Regierung
G
YA I C
Gütermarkt
P, y
zur Beachtung: YN = C + I + G; y = Y/P.
III.2. Die Modell-Annahmen
III.2.1. Allgemeine Annahmen
Betrachtet wird eine
geschlossene Volkswirtschaft (es gibt kein Ausland).
Der auf dem Arbeitsmarkt
bestimmte Lohnsatz W und der auf dem Gütermarkt bestimmte Güterpreis P sind
gegeben.
„Gegeben“ bedeutet: in dem
betrachteten Modell und damit für den betrachteten Zeitraum unveränderlich.
Die Periode bzw. Zeit ist
rein konzeptionell zu verstehen; (sie entspricht keiner bestimmten
kalendarischen Zeit wie z.B. einem Jahr).
Es erfolgt eine komparativ
statische Betrachtung , d.h. es wird das Ausgangsgleichgewicht des Systems mit
dem sich (bei den getroffenen Annahmen bzw. Charakteristika des Systems
irgendwann) nach einer exogenen Störung des Systems einstellenden neuen
Gleichgewicht verglichen. Es werden die Veränderungen der erklärten endogenen
Variablen dargestellt.
P und W sind allen
Haushalten und Unternehmen bekannt .
III.2.2. Der Unternehmenssektor (U)
a. Die Unternehmen passen
das Güterangebot (ihre geplante
Produktion)
vollkommen an die erwartete Nachfrage an:
y A = y Ne .
b. Die Unternehmen machen
keine Erwartungsfehler:
y Ne = y N .
c. Die Arbeitsnachfrage der
Unternehmen wird bestimmt durch das
geplante Güterangebot; sie folgt aus der Produktionsfunktion mit den
Einsatzfaktoren Kapital (K) - im einfachen
Falle als genutzte Maschinen
bzw. Maschinenstunden zu verstehen - und
Arbeit bzw. Arbeits-
leistungen (N); es kann eine
substitutionale oder eine limitationale
Produktionsfunktion unterstellt werden; im
ersten Falle wird dann eine
konstante Auslastung von K unterstellt , im
zweiten Falle steigt mit der
Produktion der Auslastungsgrad von K (es
werden freie technische
Kapazitäten unterstellt):
y = y(N, K)
+ +
also:
NN = N(y, K) bei y = yA.
+ +
Der Kapitalstock K ist gegeben.
d. Die U fragen Investitionsgüter
nach;
die reale Investitionsgüternachfrage j
besteht aus zwei Komponenten:
- j(i, ..)
ist abhängig vom Zinssatz i,
- ja ist autonom bzw. vorgegeben (d.h.
aufgrund von Entscheidungen in
der Periode davor bereits determiniert),
j = j(i , ..) + j a
-
e. Die U finanzieren jede Investition, jede Realkapitaleinheit über den
Kapitalmarkt
via Ausgabe von Aktien oder Anleihen (beides sind hier quasi-homogene
Titel, unterstellt ist ein vollkommener
Kapitalmarkt), dabei wird jeder Kapitalertrag bzw. Gewinn an die Eigentümer
(d.h. die
HH)
voll ausgeschüttet und durch Normierung gilt:
1 Bond
(real) = 1
Kapitaleinheit (real).
f. Die U halten Geld zur Durchführung der
Transaktionen (LU).
III.2.3. Die Zentralbank
Hier wird von einer sog.
unabhängigen Zentralbank ausgegangen, d.h. die Zentralbank wird als eine
eigenständige juristische Person betrachtet und nicht als Teil der
Regierung (also beispielsweise nicht als
eine Abteilung innerhalb des Finanzministeriums). Sie ist dabei keine
privatwirtschaftlich agierende Bank (mit beispielsweise dem Ziel der
langfristigen Maximierung der Kapitalrendite).
Sie agiert unter einer ihr (vom
Souverän oder vom Parlament) vorgegebenen Zielsetzung.
Gleichzeitig wird im
Multiplikatormodell auf die Berücksichtigung von Geschäftsbanken
verzichtet. Entsprechend ist die
Zentalbank als der gesamte Bankensektor,
bestehend aus einer Zentralbank und der Gesamtheit aller Geschäftsbanken, zu
verstehen. Die Zentralbank verfügt dabei über die Instrumente, das Verhalten
der Geschäftsbanken vollkommen steuern zu können.
Untenfolgend werden einige
Begriffe erläutert, die unmittelbar im Zusammenhang mit der
Zentralbanktätigkeit stehen.
a. Das Geldangebot
Die Zentralbank regelt die
Höhe des Geldangebotes und bestimmt
damit die
gesamtwirtschaftliche Geldmenge M:
M = MA.
Geld entsteht dadurch, daß
die Zentralbank am Wertpapiermarkt
Wertpapiere (z.B.
Anleihen) kauft, diese Wertpapiere mit
dem von der
Bank emittierten Geld (z.B.
Banknoten) bezahlt und diese Wertpapiere
dann als Aktiva hält.
Diese Form der Geldpolitik
bzw. Geldschaffung heißt „Offen-Markt-
Politik“.
b. Der Liquiditäts-Effekt
Der (später zu
erklärende und empirisch zu
beobachtende) Liquiditäts-Effekt besagt, daß
-
eine Erhöhung der Geldmenge
M unmittelbar zu einer Reduktion
des (Markt-) Zinssatzes i
führt bzw. daß
- M und i negativ korreliert sind.
c. Die Korrelation zwischen Zinssatz und Börsenkurs
Es
besteht eine (später zu erklärende und empirisch zu beobachtende)
negative
Korrelation zwischen dem (Markt-)
Zinssatz i und dem
(Börsen-)
Kurs von Anleihen und Aktien PK.
d. Die
Geldpolitik
Für die
Geldpoltik der Zentralbank wird unterstellt, daß sie stets (quasi in jeder
Minute)
- soviel Geld
anbietet (bzw. Wertpapiere nachfragt), daß der Zinssatz
i unverändert (bzw. konstant) ist bzw. daß sie
- die
Geldmenge so variiert bzw. anpaßt, damit gilt:
di
= O.
Damit
gilt:
i = konst.
(bzw.: exogen).
Die
Zentralbank führt somit eine Zinspolitik durch, d.h. sie stabilisiert
das
Zinsniveau der Volkswirtschaft. Sie führt also nicht (wie in den
meisten
Modellen der offenen Volkswirtschaft)
eine Geldmengenpolitik durch, bei der sie M stabilisieren würde.
Es wird also unterstellt, daß wenn i steigt
(sinkt), die Zentralbank die
Geldmenge M kompensierend erhöht
(reduziert).
Wenn
somit i = konstant ist, dann können keine zinsinduzierten Effekte
(z.B. bei den Investitionen der Unternehmen
oder der Ersparnis der
Haushalte) auftreten bzw. sind im Modell
nicht zu berücksichtigen.
Damit ergeben sich auch keine durch
Zinssatzänderungen bedingten
Veränderungen der Börsenkurse. Annahmegemäß
gilt damit auch:
PK = konst.
(bzw.: exogen).
III.2.4. Der Sektor: Staat
Im Sektor „Staat“ werden
alle öffentlich-rechtlichen Körperschaften des Landes zusammengefaßt - genauer:
im Multiplikatormodell wird im „Staat“ die gesamte Nachfrage staatlicher
Einrichtungen aggregiert.
a. Der Staat fragt Güter auf dem Gütermarkt
nach, die reale Nachfrage
des Staates ist exogen:
g = G / P =
exogen.
b. Der Staat erhebt keine Steuern.
(Bei einer proportionalen
Einkommenssteuer läßt sich das sog.
Haavelmo-Theorem ableiten).
c. Die Finanzierung der Staatsnachfrage G
erfolgt ausschließlich über
eine Kreditaufnahme in Form von
emittierten (Staats-) Anleihen.
d. Eine Finanzierung von G über die Emission
von Geld ist
ausgeschlossen.
e. Der Staat fragt keine Arbeit nach, er tritt
nicht auf dem Arbeitsmarkt
auf!
III.2.5. Der Sektor der privaten Haushalte(HH)
a. Die privaten Haushalte bieten Arbeit an (bzw.
fragen Arbeitsplätze
nach),
ihr Arbeitsangebot ist in der analysierten Periode (d.h.:
kurzfristig) gegeben:
N A
= konst.
Durch diese Vereinfachung ist unmittelbar
keine Erklärung des
Arbeitsangebotes erforderlich; diese
folgt (später) i.d.R. aus einem
Optimierungskalkül des Haushaltes, in dem
er genau die Menge an
Arbeit bzw. Arbeitsleistung anbietet, mit der er seinen maximalen
Gesamtnutzen erreicht.
Durch diese Vereinfachung wird weiterhin
unterstellt, daß die HH ihr
früher irgendwie bestimmtes Arbeitsangebot im Laufe der Periode
nicht verändern.
Nicht berücksichtigt wird hier somit eine
Abhängigkeit wie beispiels-
weise die, daß:
-
das Arbeitsangebot umso kleiner ist, je größer das Realvermögen des
HH ist.
Allerdings sind im Multiplikatormodell
(siehe III.2.1) die Güterpreise P,
der Nominallohnsatz W und damit auch der
Reallohnsatz w = W/P
exogen vorgegeben bzw. konstant. Es kann
damit auch kein Einfluß der
Art berücksichtigt werden, daß das Arbeitsangebot umso größer ist, je
höher der erwartete Reallohnsatz ist bzw.
daß es positiv vom
(erwarteten) Reallohnsatz abhängt.
Diese Verhaltensannahme läßt sich in dem
Sinne verstehen, daß die
Haushalte bis zu der von ihnen bestimmten
Höhe zum herrschenden
Lohnsatz jede Arbeit annehmen (aber
nicht glauben, diese Menge
vollkommen realisieren zu können).
Dazu entsprechend wird für den
Arbeitsmarkt in diesem Modell
angenommen:
NA
< NN (: = N ) .
seitens der U. Es herrscht
(nachfragebedingte bzw. konjunkturelle)
Arbeitslosigkeit.
Diese Annahme ist Kennzeichen eines
sog. keynesianisches Modelles.
b. Es besteht das nominale Einkommen Y
aus dem
nominalen Arbeitseinkommen WN
und dem
nominalen Kapitaleinkommen i Vo = i PK Bo.
Für das reale Einkommen y (= Y/P) gilt:
y = w N + i vo =
wN + i (PK/P)Bo
mit:
Bo =
Bestand an Wertpapieren in Händen
der Haushalte zu Beginn
der Periode (z.B.: am 1.
Januar),
i
= (Markt-) Zinssatz bzw. Rendite
der Wertpapiere,
N
= Beschäftigung (z.B.
Arbeitsstunden),
PK/P =
realer bzw. relativer (Wertpapier-)Kurs,
vo = reales Vermögen der Haushalte zu Beginn der
Periode,
w
= realer (bzw. relativer)
Lohnsatz.
Das Kapitaleinkommen besteht
aus den
-
Zinszahlungen auf privatwirtschaftliche Anleihen (z.B.: Industrie-
obligationen) und auf staatliche
Wertpapiere (z.B.: Staatsanleihen)
sowie
-
den Dividendenzahlungen auf Aktien.
Es werden zwei Annahmen getroffen:
1.
alle Gewinne werden an die Aktionäre ausgeschüttet,
2.
Aktien und Anleihen (staatliche wie private) sind vollkommene
Substitute,
d.h.: a. sie sind in der Sicht der HH vollkommen
gleich,
b. Risikounterschiede
bezüglich der Zinsen und Dividenden
sowie des Kapitals
werden nicht berücksichtigt
(Staat und U haben
dieselbe Bonität),
c. Motive wie Einflußnahme
auf Unternehmensentscheidungen
(bei Aktien) werden
vernachlässigt (und damit die
Unterscheidung von
Eigen- und Fremdkapital).
c. Die HH fragen Konsumgüter nach;
ihre nominale Konsumsumme beträgt C,
es ist der (Geld-)Betrag, den sie für den
Kauf von Konsumgütern
ausgeben wollen bzw. planen auszugeben;
ihre gewünschte reale Konsumgüternachfrage
ist: c =C/P.
Die reale Konsumgüternachfrage c ist
begrenzt durch das reale
Einkommen y und das reale Vermögen vo:
c ist ceteris paribus (c.p.) umso
größer, je größer y ist,
c ist c. p. umso größer, je größer das
Vermögen ist.
Es gilt:
-
für die reale Konsumgüternachfrage:
c = c ( y
, v0, ...)
+ +
bzw.:
-
für die nominale Konsumgüternachfrage:
C = P c( y,
v0, ...).
+ +
-
keynesianische Konsumhypothese bzw.
-
kurzfristige absolute Einkommenshypothese des Konsums.
Die Einkommenselastizität des Konsums lautet:
dc dc
dc y
c dy
E (c,y) = ---- ---
= ----- =
-----
dy c dy
c
y y
Die marginale Konsumneigung gibt an,
um wieviel der HH seinen
Konsum plant zu erhöhen, wenn sein
Einkommen um eine Einheit
steigt; sie ist größer als 0 und
kleiner als 1 und lautet:
cy = dc/dy
Die durchschnittliche Konsumneigung
ist die Quote, die angibt,
wieviel der HH vom Einkommen
durchschnittlich für Konsum
ausgibt; sie lautet:
= c/y.
Eine Einkommenselastizität von 2,5 bedeutet, daß eine
Einkommenserhöhung von 1 % zu einer Konsumerhöhung um 2,5 %
führt.
d. Die HH planen eine reale Ersparnis s (=S/P)
zur Erhöhung ihres realen
Vermögens v im Umfang von:
s = y - c.
Dabei gilt definitorisch:
s = dv = v 1 - v o,
d.h.: die Differenz zwischen dem
Vermögen am Ende der Periode (z.B.
am 31. Dezember) und zu Beginn der Periode (z.B: am 1. Januar) ist
die Ersparnis der Periode (z.B. des
Jahres).
Die marginale Sparneigung ergibt
zusammen mit der marginalen
Konsumneigung den Wert: 1
(Achtung: es gibt hier keine Steuern, sonst käme noch der Steuersatz
der Einkommenssteuer hinzu).
Die HH halten ihr Vermögen in Form von
- Wertpapieren
(Aktien, Anleihen der U und des
Staates)
und
- Geld (unverzinst).
e. Die HH unterliegen keiner Geldillusion;
es existiert Freiheit von Geldillusion!
D.h.:
-
die reale Konsumgüternachfrage ist unabhängig von P
(dem Preisniveau);
-
wenn sich das nominale Einkommen
Y, das nominale Vermögen V
und die Preise P um denselben
Prozentsatz verändern, dann ver-
ändert sich auch der nominale Konsum
C um diesen Prozentsatz und
der reale Konsum c bleibt
unverändert.
f. Die Haushalte sind in dem Sinne klein, daß
sie auf keinem Markt die
Preise direkt setzen können.
Für die HH sind für die Planungsperiode
exogen und vorgegeben:
W , P ,
PK sowie i und
folglich auch w (und natürlich auch Vo).
IV. Das gesamte Marktsystem im Modell
IV.1. Das Modell
in absoluten Größen
Das Multiplikatormodell
besteht aus den Gleichungen zu den unter IV.1.1. bis IV.1.4. dargestellten vier
Märkten.
In IV.1.5. sind diese
Gleichungen zusammengefaßt im Multiplikatormodell präsentiert.
IV.1.1. Der Arbeitsmarkt (Arbeitslosigkeit)
N : = NN < NA
= konst.;
NN
= N(y,K)
+
W,
w konstant,
K gegeben,
NA gegeben.
Auf dem Arbeitsmarkt
herrscht stets ein Überschußangebot.
Das kurze Marktende bestimmt
das Marktvolumen.
Diese Größe des
Ungleichgewichts hat keine Rückwirkungen auf einen anderen Markt (Annahme!).
Die Höhe der Beschäftigung N
ergibt sich bei gegebenem Kapitalbestand rekursiv in Abhängigkeit von der Höhe
der Produktion bzw. dem realen Einkommen.
IV.1.2. Der Gütermarkt (im Gleichgewicht)
yA
= yNe = yN
yN
= c(y,vo,...) + ja + j(i,...) +
g
y:= yA = yN
P konstant,
v0 gegeben.
Daraus folgt:
y (= yA) = c(y, vo, ...)
+ ja + j(i, ... ) +g
+ -
Auf dem Gütermarkt wird der
Wert von y gesucht, bei dem das geplante Angebot der U genauso groß ist wie die
geplante Nachfrage der HH ( c ), des Staates ( g ) sowie der Unternehmen ( j ).
Dann ist der Gütermarkt im Gleichgewicht.
IV.1.3. Der Wertpapiermarkt
(im Gleichgewicht)
Auf dem Wertpapiermarkt wird
der Börsenkurs PK bestimmt.
Der Staat und die U
emittieren in dieser Periode Wertpapiere (zusätzlich) im Wert ihrer nominalen
Nachfrage nach produzierten Gütern in dieser Periode.
Der Wert des (zusätzlichen)
Angebotes ist :
PK dB = PK
(B1 - Bo) =
Dieser Wert auf dem
Wertpapiermarkt entspricht dem Wert der von ihnen nachgefragten Güter:
= P (g + j +ja).
Dem Wert des zusätzlichen
Angebotes entspricht der Wert der von den HH in dieser Periode zusätzlich
nachgefragten Wertpapiere (zur Erhöhung ihres Vermögens).
Wenn der Wertpapiermarkt im
Gleichgewicht ist, dann entspricht die gewünschte Ersparnis der HH in dieser
Periode diesem Wert:
S = PK
dB.
IV.1.4. Der Geldmarkt (im Gleichgewicht)
M := MA
=
L U + L HH
Das Geldangebot ist gleich
der Geldnachfrage (bzw. gleich der Nachfrage nach Liquidität L)
seitens der Haushalte und Unternehmen.
Die gesamtwirtschaftliche
nominale Geldnachfrage L (bzw. reale Geld-nachfrage l = L/P) wurde bisher nicht erklärt.
Sie hängt ab von
- der Höhe des Einkommens Y (bzw.: y) ,
da Geld zur Durchführung der
Transaktionen benötigt wird, d.h.
aus
dem Transaktionsmotiv nachgefragt und
verwendet wird,
- der Höhe des Vermögens Vo (bzw. vo),
da Geld als Vermögen betrachtet wird, d.h.
aus dem Anlage- bzw.
Spekulationsmotiv nachgefragt und gehalten
wird,
- der Höhe des Marktzinssatzes i,
da mit steigendem i die
Opportunitätskosten der Geldhaltung steigen.
Es gilt dann:
l = l (
y , vo , i )
+ + -
bzw.:
L =
P l ( y , vo , i ).
+ +
-
Auf dem Geldmarkt wird der
Zinssatz i bestimmt; hier paßt die
Zentral-bank die Geldmenge stets so an, daß der Zinssatz i unverändert bleibt.
Steigt beispielsweise y und
damit bei gegebenem P das Einkommen Y, so daß die Wirtschaftssubjekte zur
Durchführung des Tausches auf den Märkten mehr Geld benötigen (L und l
steigen), dann würde es zu einer Erhöhung des Zinssatzes kommen (da Geld
relativ knapper geworden ist). Diese Zinserhöhung verhindert die Zentralbank,
indem sie am Wertpapiermarkt Wertpapiere kauft und diese mit (zusätzlich
geschaffenem) Geld bezahlen. Die Geldmenge ist dadurch gestiegen, der Zinssatz
i bleibt unverändert.
Es gilt für die Veränderung:
dM =
dL = P ly dy.
Da die Geldmenge zum
Vermögen der HH gehört, können sie in dieser Periode nur zusätzliches Geld
halten, wenn sie einen Teil ihrer Ersparnis dieser Periode in Form von Geld
halten bzw. einen Teil der zusätzlichen Wertpapiere dieser Periode (vgl.
IV.1.3) an die Zentralbank verkaufen.
Dieser Anteil sei ß (ß < 1).
Dann gilt:
dV =
S = dL
+ (1 - ß) PK dB.
IV.1.5. Die zusammengefaßten Gleichungen
(Das Multiplikatormodell in Absolutgrößen)
y (= yA) = c(y, vo, ...)
+ ja + j(i, ... ) + g
+ -
N =
N(y, ...)
+
M = P l(y,
...)
PK
dB = P (g + j +ja)
IV.2. Zur Methodik der Analyse
a.
Der Ausgangpunkt jeder
Analyse ist stets ein Gleichgewicht (auf
dem Güter-, Geld- und Wertpapiermarkt).
b.
Das Gleichgewicht wird
exogen gestört, (es erfolgt eine Analyse der Auswirkungen von Schocks bzw.
Störungen des Systems) .
c.
Eine Störung ist jede
Veränderung einer exogenen (nicht durch
eine Verhaltensannahme bzw. Hypothese erklärten) Variable;
z.B.:
dg > o oder dg < o.
Es gibt viele mögliche
Schocks, deren Auswirkung im Multiplikatormodell erklärt werden können; exogen können sich u.a.
ändern:
g, ja, co, cy, ........
.
Beachte:
auch eine Veränderung von
g (also der politisch determinierten
Größe bzw. von wirtschaftpolitischen Instrumenten) stellt eine Störung dar.
d.
Unterschieden wird eine
expansive (bzw. sich auf y expansiv auswirkende) und eine kontraktive
Politik (z.B. Fiskalpolitik) oder Störung.
e.
Ermittelt wird die
Veränderungsrichtung der endogenen Variablen infolge eines
Schocks. Es erfolgt eine sog.
„Qualitative Analyse“. Die Veränderung wird ermittelt, indem der Wert einer Variable (z.B. von y)
nach dem Schock im neuen
Gleichgewicht verglichen wird mit ihrem
Wert im alten Gleichgewicht (vor dem Schock).
IV.3. Das Modell in Veränderungsgrößen
(Ein Differentialgleichungssystem)
Es werden die totalen
Differentiale der in IV.1. dargestellten Gleichungen auf den Märkten gebildet.
IV.3.1. Arbeitsmarkt
Der Kapitalstock ist gegeben
(dK = 0).
Die Veränderung der
Beschäftigung folgt aus der Veränderung der Produktion (dy) sowie der Höhe des
marginalen Arbeitskoeffizienten.
Der marginale
Arbeitskoeffizient gibt an, um wieviel die Beschäftigung steigt, wenn eine
Einheit mehr produziert wird; da seine
Höhe von der eingesetzten Technologie abhängt, ist sein Wert kurzfristig
gegeben.
Der Kehrwert des marginalen
Arbeitskoeffizienten ist die marginalen Arbeitsproduktivität.
IV.3.2. Der Gütermarkt
Bei gegebenen Preisen wird
auf dem Gütermarkt die sich ergebende Veränderung des Einkommens bzw. der
Produktion bestimmt.
Es werden (nur) Schocks
betrachtet, die auf dem Gütermarkt auftreten.
Die dritte Gleichung ist
nach dy aufgelöst und zeigt die Auswirkung beispielsweise einer exogenen
Veränderung der autonomen Investition und der Staatsnachfrage.
Sie bildet den Kern des
Multiplikatormodells, da sich die Veränderungen aller anderen endogenen
Variablen jetzt rekursiv ermitteln lassen.
So gilt für die Veränderung
des Konsums:
dc =
d co + (cy dy) + y d(cy)
bzw.
bei konstantem c0 und unveränderter marginaler Konsumneigung:
IV.3.3. Der Wertpapier- bzw. Kapitalmarkt
Bei gegebenen Preisen für
neuproduzierte Güter (P) sowie existierende Kapitaleinheiten (PK) - beide können gleich eingesetzt werden -
entspricht die Veränderung des Bestandes der emittierten Wertpapiere dem Ausmaß
des Schocks, d.h. beispielsweise dem
Wert der zusätzlichen Investitionsgüter- und / oder Staatsnachfrage.
PK
dB = P dja + P dg.
IV.3.4. Der Geldmarkt
Die Zentralbank paßt die
Geldmenge an. Es gilt:
dM = dL = P ly
dy.
Die Veränderung der
Geldmenge ergibt sich rekursiv aus der Veränderung des Einkommens und der
Einkommensabhängigkeit der realen Geldnach-frage. Sie sagt, um wieviel die
Nachfrage nach Geld steigt, wenn das Einkommen um eine Einheit steigt. Der Wert
der Einkommensabhängigkeit ist (ebenso wie der von P) exogen vorgegeben.
IV.3.5. Die zusammengefaßten Gleichungen
(Das
Multiplikatormodell in Veränderungsgrößen)
dy = cydy
+ dja + dg
dN = Ny dy
dM = Plydy
PK dB = P (dja + dg)
IV.4. Das Modellergebnis
Es wird i.d.R. nur eine
exogenen Störung (isoliert) betrachtet. Diese sei hier dg ( > 0 ), dabei:
1
dy = ------------ dg.
1 - cy
Dann gilt:
a.
Das Einkommen (vgl. IV.3.2)
steigt um ein Vielfaches von (dg).
Dieses Vielfache ist
der sog. Multiplikator.
Der Multiplikator ist umso
größer, je größer (bzw. je kleiner) die
marginale Konsumneigung (Sparneigung)
ist.
b.
Die Ersparnis steigt mit dem
Einkommen genau um den Betrag von (dg).
Achtung:
die Ersparnis ist keine
Voraussetzung für dg (oder dja), die zusätzliche Ersparnis (ds) wird aus
dem zusätzlichen Einkommen gebildet und
sie entspricht im neuen
Gleichgewicht der zusätzlichen exogenen Nachfrage (ds = dg ).
c.
der Bestand an
Wertpapieren/Bonds steigt um den Betrag von (dg)
(Achtung: es gilt unverändert PK = P = konst.).
d.
Die Beschäftigung steigt in
Abhängigkeit von dy gemäß der
Einkommenselastizität der
Beschäftigung E(N,y):
y dN y
E(N,y) = Ny ----
= ----- ----
N dy N
Die Einkommenselastizität
der Beschäftigung gibt an, um wieviel
Prozent die Beschäftigung steigt (dN/N),
wenn die Produktion bzw. das reale Einkommen um 1 v.H. steigt (dy/y = 1).
Eine
Beschäftigungselastizität von 0,3 bedeutet
somit, daß eine Einkommenserhöhung von 2 v.H. die Beschäftigung um 0,6
v.H. erhöhen wird. Dieses ist der Kern des sog. Gesetzes von Okun (Okun`s Law).
Für die Veränderung der Beschäftigung gilt:
dN =
(N/y) E(N,y) dy.
Sie wird bestimmt durch die
Veränderung des Einkommens und den
(kurzfristig) gegebenen Wert der Einkommenselastizität E(N,y) sowie
den Wert des
durchschnittlichen Arbeitskoeffizienten (N/y).
IV.5. Die Dynamik des Modells
IV.5.1. Ein Modellbeispiel
(Gleichungen mit Pfeilen)
Es wird in Form eines
Pfeilschemas gezeigt, welche Prozesse nach einer exogenen Störung ablaufen und
wie es zum neuen Gleichgewicht kommt. Unterstellt wird eine marginale Konsumneigung von cy
= 0.8 .
g = yN = ( yN
- yA ) > 0 ® yA = y ® ¼
(dg = 1) (N) ( dy = 1 )
(Im Wert von Pdg bietet der
Staat zusätzliche Anleihen an; auf dem Wertpapiermarkt entsteht ein
Überschußangebot. Mit y steigt: L= P l(y) , M wird entsprechend stets erhöht.)
¼® c = yN = ( yN - yA ) > 0 ® yA = y ® ¼
(cy) (dy = 1 + 0.8 )
¼® c = yN = ( yN - yA ) > 0 ® yA = y ® ¼
(dy = 1 + 0.8
+ 0.64 )
.
.
¼®
(dy = 5).
Dieser Anpassungsprozeß
infolge einer Erhöhung der Staatsnachfrage um eins (dg = 1) ist beendet, wenn
gilt bzw. erreicht ist:
dy = 5
mit:
ds = 1 und
dc = 4 .
Dann sind bei den gegebenen
Preisen die Überschußnachfrage auf dem Gütermarkt ebenso wie das
Überschußangebot auf dem Wertpapiermarkt infolge der Reaktionen der Unternehmen
und der Haushalte wieder gleich Null.
Die Geldmenge ist gestiegen;
sie wurde angepaßt damit keine Zinseffekte (di=0) auftreten.
Damit sind der Gütermarkt,
der Wertpapiermarkt und der Geldmarkt wieder im Gleichgewicht.
Auf dem Arbeitsmarkt
herrscht immer noch Arbeitslosigkeit. Aber die Arbeitslosigkeit ist gesunken
und die Beschäftigung ist bei gegebenem Reallohnssatz gestiegen
Achtung:
1.
Der Reallohnsatz ist
niedriger als die Arbeitsproduktivität. Es ist
für die U lohnend jede zusätzliche Nachfrage zu befriedigen, da mit
jeder zusätzlich produzierten Einheit bzw. mit jeder zusätzlich eingesetzten
Arbeitskraft der Gewinn steigt. Dieser Gewinn ist aber nur zu realisieren, wenn
die Nachfrage nach den Güter vorhanden ist, es herrscht eine nachfragebedingte
bzw. konjunkturelle Arbeitslosigkeit.
2.
Wäre der Reallohnsatz gleich
der Arbeitsproduktivität, dann würde die zusätzliche Nachfrage des Staates
nicht zu einer zusätzlichen Produktion und Beschäftigung führen, weil es für
die U nicht lohnend ist bzw. zu keinem höheren Gewinn führt. Die Staatsnachfrage
würde die private Nachfrage „verdrängen“; es gibt einen Verdrängungseffekt
(crowding-out). Dieses tritt nicht ein bzw. die Produktion steigt um dg, wenn
es durch dg beispielsweise zu Preissteigerungen kommt und damit zu einem
niedrigeren Reallohn (bzw. niedrigeren marginalen Arbeitskosten). Dann hätten
die U den Gewinnanreiz und würden die Produktion ausdehnen und zusätzliche
Arbeitskräfte nachfragen.
IV.5.2. Graphische Darstellung
des
Multiplikatormodells
Die 45-Grad Linie markiert
alle Kombinationen von Angebot und Nach-frage, bei denen Gleichgewicht
herrscht.
Die gesamtwirtschaftliche
Nachfrage ergibt sich aus der Konsumfunktion, auf die die Investitions- und die
Staatsnachfrage horizontal addiert wurde. Das Ausgangsgleichgewicht beträgt yo*.
Die exogene Störung (dg) verschiebt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nach
oben; das neue Gleichgewicht y1* folgt aus einer Anpassungssequenz
von yA und c.
yN = c + g + j
45°
c + g + j
c = c0
+ cyy
dg{
c0
y,yA
y0*
dy y1*
V. Schlußbemerkungen
V.1. Die zentralen Modellcharakteristika
Bei dem Multiplikatormodell handelt es sich um
ein kurzfristiges (keynesianisches) Festpreis-Modell:
a. Festpreis-Modell, weil:
[P,W,w,i,PK] konstant
bzw.:
[dP,dW,dw,di,dPK] = 0
b. Kurzfristiges Modell, weil:
[K,vo ] gegeben
bzw.:
[dK, dvo] = 0
c. Keynesianisches Modell, weil:
die kurzfristige, vom tatsächlichen
absoluten Einkommen
restringierte Konsumhypothese verwendet
wird,
die Existenz einer nachfragebedingten
Arbeitslosigkeit unterstellt wird,
es eine Erklärung für staatliche
Stabilisierungs-
möglichkeiten bei Störungen auf dem Gütermarkt ist.
V.2. Ausblick
Es geht hier um die
Darstellung der Begrenzungen des Multiplikatormodells bzw. um die Darstellung notwendiger Erweiterungen dieses
gesamtwirtschaftlichen Ansatzes, um weitere wesentliche Effekte zu
berücksichtigen (bzw. die Annahmen des Modells realitätsnäher zu
gestalten). Bei jeder Erweiterung wird
dann der sich ergebenden Multiplikatorwert kleiner werden. Er tritt nie wieder in dieser reinen Form
auf.
Das gesamtwirtschaftliche
Modell ist zu erweitern um:
a.
- Steuern und Staatsbudget
mit der Unterscheidung von
Brutto-Einkommen und verfügbarem
(bzw.
Netto-) Einkommen;
es ist der Übergang zu einer geschlossenen
Volkswirtschaft mit Staat;
b.
- sich bei Marktungleichgewichten verändernde
Preise bzw. variable
Preise;
es ist der
Übergang zu sog. Flex-Preis-Modellen;
mit dP
gibt es dann Preiseffekte
u.a. auf
w = W / P; M / P; v = V / P;
mit di
gibt es dann Zinseffekte
u.a. auf j; s; c;
mit dW und dPK gibt es weitere
Arbeits- und Kapitalmarkt-Effekte;
c.
- weitere Verhaltensweisen,
d.h. es sind weitere Variable durch
Verhaltenshypothesen zu erklären
bzw. zu endogenisieren, wie u.a. :
- die Investition ist zu erklären,
z.B.: j=j(i, ..?..),
- die Geldnachfrage, das Geldangebot,
- das Arbeitsangebot, die
Arbeitsnachfrage;
es ist der Übergang u.a. zu
(mikroökonomisch fundierten)
nutzen-
und kostentheoretischen Erklärungen;
d.
- weitere Anpassungsmechanismen:
z.B. kann ein Ungleichgewicht auf dem
Gütermarkt, dann ist
(yN - yA ) > oder < 0, gleichzeitig führen zu
-
Mengenreaktionen (yA paßt sich an) und/oder
-
Preisreaktionen (P verändert sich) und/oder
-
„Lagerhaltungsreaktionen“ (Anpassung über Lagervariation oder
Warteschlangen);
es können aber auch modelliert werden
-
andere Markt- und Organisationsformen wie:
Oligopole (anstelle von Polypolen bzw.
Mengenanpassern),
-
unternehmerische Preissetzung in
Form z.B. einer Zuschlags-
kalkulation oder Monopolpreisbildung;
e.
- weitere zukünftige Perioden;
erforderlich ist der Übergang zu einer
Mehrperiodenanalyse:
das System bleibt nicht beim neuen y*
„stehen“, da u.a.:
-
die Ersparnis S in Periode t das
Anfangsvermögen in Periode t+1
erhöht (es gibt Vermögenseffekte u.a.
auf C in t+1);
-
die Investition j in Periode t den Kapitalstock in Periode t+1 erhöht
(es verändert sich die
Arbeitsnachfrage der U und u.a. die
Einkommensverteilung, wodurch sich die
aggregierte Konsumgüter-
nachfrage ändern kann);
-
die Tätigkeit in Periode t über
Lerneffekte die Arbeitsproduktivität in
t+1 erhöht (es verändern sich wieder N und y usw.);
außerdem:
-
planen HH und U nicht nur kurzsichtig für eine Periode,
-
werden HH und U Erwartungen über die Wirtschaftspolitik und die
wirtschaftliche Entwicklung in
zukünftigen Perioden (t+1 und t+2
usw.)
bilden und in ihren Planungen berücksichtigen, da von den
zukünftigen wirtschaftspolitischen
Entscheidungen und gesamt-
wirtschaftlichen Entwicklungen (z.B.
Konjunkturschwankungen)
u.a. die Höhe und Struktur der
optimalen Investitionen und Ersparnis
bereits in t abhängen.
f.
- Erklärungen der Politik (bzw. der Motive und
Verhaltensweisen der
Politiker) und der Institutionen, wie u.a.:
-
der Geldpolitik, Zentralbank, Bankenaufsicht;
-
der Fiskalpolitik, Regierung, Lobbying usw.;
g.
- den Sektor: „Ausland“;
mit dem Übergang zur Analyse einer sog.
offenen Volkswirtschaft bzw.
von Mehr-Länder-Modellen sind zu
berücksichtigen: Außenhandel,
Kapitalverkehr, Wechselkurse,
Zahlungsbilanz, Migration usw..
V.3. Ökonomische Modellierung
Ein Ökonom hat niemals das
Ziel, ein vollkommenes Modell bzw. ein alle möglichen Einflüsse und
Interdependenzen erfassendes (Welt-) Modell zu entwickeln.
Die Knappheit von Ressourcen
(wie Zeit, Rechenkapazität, analytische Fähigkeiten, verfügbare Algorithmen
usw.) und die Zielorientierung rationalen Handelns erzwingen die Konstruktion
eines auf das jeweilige Problem hin konzipierten Modelles. Das anvisierte Ziel
bzw. Problem bestimmt mit den
verfügbaren Ressourcen, welche Informationen und Erkenntnisse ökonomisch
sinnvoll sind - eine Maximierung der
Information bzw. des Modellumfanges ist stets unökonomisch! Ist eine gegebene
Fragestellung ökonomisch sinnvoll nur in einem gesamtwirtschaftlichen Modell
systematisch zu verstehen und zu lösen,
dann führt die Aggregation zu keinem relevanten „Informationsverlust“, sondern
zur Vermeidung eines nicht benötigten Zuviels an Information bzw. zur
Vermeidung einer behindernden „Informationsüberflutung“ bzw.
“Informationsverschmutzung“.
Entsprechend dient das
Multiplikatormodell der Erklärung und Lösung ganz bestimmter
gesamtwirtschaftlicher Fragestellungen und Störungen.
Der Mechanismus wird zwar
stets dargestellt und interpretiert als eine Art von ökonomischem Prinzip,
welches von dem empirisch nicht falsifizierten Konsumverhalten der Haushalte
getragen wird und überall auftritt.
Das Multiplikatormodell
stellt aber ein sehr komplexes System von mindestens vier interdependenten
Märkten dar, welches insbesondere für die Analyse von auf dem Gütermarkt
auftretenden realen Störungen konzipiert wurde.