MAKROÖKONOMIK                        ·          МАКРОЭКОНОМИКА

 

 

Das gesamtwirtschaftlicheMultiplikatormodell

 

       (Общеэкономическая модель мультипликатора)

 

 

 

Wilfried Fuhrmann

Ajdyn Sultanow

 

 

 

 

Anschrift der Verfasser:

Prof. Dr. Wilfried Fuhrmann

Dr. Ajdyn Sultanow

August-Bebel-Str. 89

D-14482 Potsdam

Tel./ Fax: (+49) - (0) 331 -  977 - 3219 / -3223

E-mail: fuhrmann@rz.uni-potsdam.de

              sultan@rz.uni-potsdam.de

http://141.89.32.20/u/ls_makrooek/index.htm

© W. Fuhrmann; ISSN 1433-920X

 

                                               -1998-

© W. Fuhrmann; ISSN 1433-920X

 

                                                        -1998-

I. Vorbemerkung

 

Jeder Studierende der Ökonomik, egal ob der Betriebs- oder der Volks-wirtschaftslehre, wird sehr früh in seinem Studium mit dem Multiplikator-ansatz in Form des Investitions- , des Staatsausgaben- und des Export-multiplikators konfrontiert. In einigen Ländern begegnet der Studierende diesem Ansatz schon in der Schule.  Der Ansatz steht wohl fast in jedem ökonomischen Lehrbuch der Welt.

 

Allerdings „rauscht“ der Multiplikator zumeist an den Studierenden vorbei und gleichzeitig endet mit dem Multiplikator bei vielen Studieren-den das Interesse an der Makroökonomik. Diese wird dabei sehr schnell mit Attributen wie unverständlich, zu theoretisch, zu abstrakt oder zu realitätsfern versehen.

 

Und - diese Empfindungen, diese Charakterisierungen stimmen häufig. 

 

Der mit dem Multiplikator abgeleitete gesamtwirtschaftliche Einkommens-effekt einer staatlichen Ausgabenpolitik ergibt sich in einem nur sehr selten dargestellten umfassenden gesamtwirtschaftlichen Modell. Es ist ein sehr komplexes Modell und keine,  wie sehr häufig erklärt,  Partialanalyse ausschließlich des Gütermarktes. Und es wird der maximal denkbare Multiplikorwert abgeleitet - ohne daß die dabei unterstellten Szenarien auf den Märkten benannt und erkannt werden.

 

Dieser (keynesianische) Erklärungsansatz zeichnet sich wohl durch das höchste Aggregationsniveau aus und erfordert im Grunde schon ein geschultes Ökonomik-Verständnis. Er gehört somit eher an das Ende, als an den Anfang  eines Studiums.

 

Allerdings wird durch das hohe Aggregationsniveau eine besondere Situation erreicht: mit nur einer Verhaltensgleichung, die darüberhinaus empirisch relevant und dem Anfänger unmittelbar verständlich ist, läßt sich ein in fast allen Modellen auftretendes ökonomisches Prinzip erklären. Aus dieser Überlegung gehört der Multiplikatoransatz eher an den Anfang, als an das Ende des Studiums.

 

 

 

 

II. Einführung

 

So wie Knappheit ein zentraler Ausgangpunkt der Ökonomik ist, so ist die Idee des Kreislaufes zentral für die Makroökonomik.

 

Die Makroökonomik als Erklärung gesamtwirtschaftlicher Größen (wie Volkseinkommen, Konsum, Ersparnis, Beschäftigung, Preise, Löhne, Zinssätze usw.) betrachtet miteinander verbundene Märkte bzw. ein System interdependenter Märkte und führt damit eine sog. Totalanalyse durch. 

 

Jedes Totalmodell muß dabei mindestens zwei Sektoren (den Sektor der Privaten Haushalte und den Sektor der Privaten Unternehmen) enthalten und vier Märkte (jeweils einen Markt für produzierte Güter, für Arbeits-leistungen, für Kapital im Sinne von Wertpapieren und für Geld). Im martkwirtschaftlichen System findet der Tausch stets unter Verwendung von Geld statt.

 

Ein derartiges Modell weist das höchste Aggregationsniveau auf.  Bei einem niedrigeren Aggregationsniveau bzw. einer stärkeren Realitätsnähe werden beispielsweise „n“ Gütermärkte und nicht ein Gütermarkt berücksichtigt. Allerdings gehen, man lasse gedanklich „n“ stark steigen, mit steigender Realitätsnähe gleichzeitig verloren:  die Lösbarkeit  und die Übersichtlichkeit des Systems ebenso wie die Möglichkeiten, eindeutige Aussagen treffen und Zusammenhänge klar erkennen zu können.  Mit der steigenden Anzahl der unterschiedenen Märkte steigt die Wahrscheinlichkeit, daß man den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht und daß man  mitten im Wald auch das (arten-)typische Entwicklungsmuster eines Baumes nicht erkennt.

 

Die Erkenntnis gesamtwirtschaftlicher Zusammenhänge und Prinzipien erfordert noch vor der Entwicklung eines Modells eine genaue Darstellung der im Modell zu berücksichtigenden Tatbestände und Vehaltensweisen bzw. Ausgrenzung der nicht berücksichtigten, d.h. eine umfangreiche Darstellung der Annahmen. Erst danach wird das Modell dargestellt und dann bezüglich der zu analysierenden Fragen gelöst. Das zu entwickelnde Modell und entsprechend auch die zu treffenden Annahmen sind also abhängig von der Fragestellung bzw. dem Ziel der Analyse.                                                                                                              

 

 

 

 

 

 

 

Entsprechend der obengenannten Rahmenbedingungen wird das Modell wie folgt definiert:

 

Das Multiplikatormodell ist der Form nach ein komplexes System von vier interdepedenten Märkten - Gütermarkt, Arbeitsmarkt, Geldmarkt, Kapitalmarkt, und es ist der Funktion nach ein Instrument zur Analyse von Auswirkungen von auf dem Gütermarkt auftretenden realen Störungen.

 

 

Lautet beispielsweise die Frage: welche Auswirkungen hat eine Erhöhung der Nachfrage des Staates auf  das Einkommen, die Produktion und Beschäftigung in einer Volkswirtschaft, dann kann sie beispielsweise mit dem Multiplikatormodell beantwortet werden.

 

Das Multiplikatormodell wird zeigen, daß die Veränderung der gesamt-wirtschaftlichen Größen größer ist als der verursachende exogene Impuls.

 

Wenn also beispielsweise der Staat seine Nachfrage nach Gütern erhöht, so werden die Unternehmen darauf reagieren und zusätzliche Arbeitskräfte nachfragen sowie diese Güter zusätzlich produzieren. Dadurch ergibt sich ein höheres Einkommen bei den privaten Haushalten, worauf diese dann reagieren, indem sie mehr Konsumgüter nachfragen und zusätzlich sparen. Auf diese induzierte Nachfrageerhöhung reagieren wieder die Unternehmen, dann wieder die Haushalte usw.

 

Letztlich sind die Produktion und das Einkommen in der Volkswirtschaft um mehr gestiegen als um die zusätzliche Nachfrage des Staates. Das Einkommen ist um ein Mehrfaches der zusätzlichen Nachfrage des Staates gestiegen. 

 

Der Multiplikator erklärt nun das Ausmaß dieser den Impuls verstärkenden  bzw. multiplizierenden Reaktionen der Haushalte und Unternehmen. Außerdem zeigt das Modell, unter welchen Bedingungen sowie aufgrund welcher Reaktionsmuster dieser Effekt auftritt.

 

 

 

 

 

 

 

III.  Das System der Märkte

 

 

Die folgende Graphik zeigt:

1.  die in jedem makroökonomischen Modell einer Marktwirtschaft

     berücksichtigten drei Sektoren; es sind die Gesamtheit aller Unter-

     nehmen und aller Haushalte sowie der Staat, der hier unterteilt ist in die

     Zentralbank und in die Regierung bzw. den Staatshaushalt;

2.  die vier aggregierten Märkte einer Marktwirtschaft und

3.      die Verbindungen zwischen den Märkten und Sektoren, die sich daraus

ergeben, daß die Wirtschaftssubjekte auf den Märkten agieren bzw. als Anbieter und Nachfrager auftreten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Arbeitsmarkt

 

 


Kapitalmarkt

(Wertpapiermarkt)

 

 


Unternehmen                          Haushalte

 

 

 


Geldmarkt

 

 


Zentralbank

Regierung

 

 


Gütermarkt

  

 

 

 

 

 

 

 

III.1.     Graphische Präsentation des

Angebots- und Nachfrageverhaltens

 

 

Nicht berücksichtigt (siehe spätere Erklärung) wurden in der Darstellung des Marktsystems sog. öffentliche Güter (wie Rechtssicherheit), Steuern,  Rentenzahlungen  usw.  ebenso wie das Ausland (Analyse einer „geschlos-senen Volkswirtschaft“) oder die Umwelt.

 

Symbole:

 

Große (kleine) Buchstaben kennzeichnen i.d.R.  nominale (reale) Größen.

Ein hochgestelltes  „A“  bzw.  „N“ kennzeichnet Angebot bzw. Nachfrage.

Ein tiefgestelltes "U" bzw. "HH" kennzeichnet Unternehmer bzw. Haushalte.

 

 

 

 

B          Anzahl der Wertpapiere,

C  ( c)   nominaler (realer) Konsum, 

G  ( g)  nominale (reale) Nachfrage des Staates,

i            Zinssatz,

I   ( j)    nominale  (reale) Investitionsgüternachfrage,

L          Nachfrage nach Geld (seitens der Haushalte und Unternehmen),

M         nominale Geldmenge,

N          Beschäftigung, Arbeitsangebot, Arbeitsnachfrage,

P          Güterpreis,

PK        Preis der Wertpapiere (Börsen-Kurs),

S   ( s)   nominale (reale) Ersparnis,  

V  ( v)   nominales (reales) Vermögen,

W  ( w) nominaler (realer) Lohnsatz,

Y  ( y)   nominales (reales ) Volkseinkommen bzw.:

             aggregierte nominale (reale) Güternachfrage oder Güterangebot.

 

 

 

 

 

   

 

 

WNN                                                            WNA

Arbeitsmarkt

     W, N

 


Kapitalmarkt

(Wertpapiermarkt)

                                  PK, B

                                                                                                   (B PK)A                     (B PK )N

                                                       V+S=

Unternehmen                            Haushalte

 


                           LU                   LHH

Geldmarkt

i, M

 


 M

Zentralbank

Regierung

G

YA     I                                                              C

Gütermarkt

   P, y

 

 


zur Beachtung:  YN = C + I + G;      y = Y/P.

III.2.  Die Modell-Annahmen

 

 

III.2.1.  Allgemeine Annahmen

 

Betrachtet wird eine geschlossene Volkswirtschaft (es gibt kein Ausland).

 

Der auf dem Arbeitsmarkt bestimmte Lohnsatz W und der auf dem Gütermarkt bestimmte Güterpreis P sind gegeben.

  

„Gegeben“ bedeutet: in dem betrachteten Modell und damit für den betrachteten Zeitraum unveränderlich.

Die Periode bzw. Zeit ist rein konzeptionell zu verstehen; (sie entspricht keiner bestimmten kalendarischen Zeit wie z.B. einem Jahr).

 

Es erfolgt eine komparativ statische Betrachtung , d.h. es wird das Ausgangsgleichgewicht des Systems mit dem sich (bei den getroffenen Annahmen bzw. Charakteristika des Systems irgendwann) nach einer exogenen Störung des Systems einstellenden neuen Gleichgewicht verglichen. Es werden die Veränderungen der erklärten endogenen Variablen dargestellt.

  

P und W sind allen Haushalten und Unternehmen bekannt .

 

 

III.2.2.  Der Unternehmenssektor (U)

 

a. Die Unternehmen passen das Güterangebot  (ihre geplante Produktion)

    vollkommen an die erwartete Nachfrage an:

 

     y A  = y Ne  .

 

b. Die Unternehmen machen keine Erwartungsfehler:

 

    y Ne = y N  .

 

 

 

c. Die Arbeitsnachfrage der Unternehmen wird  bestimmt durch das

    geplante Güterangebot;  sie folgt aus der Produktionsfunktion mit den

    Einsatzfaktoren Kapital (K) - im einfachen Falle als genutzte Maschinen

    bzw. Maschinenstunden zu verstehen - und Arbeit  bzw. Arbeits-

    leistungen (N); es kann eine substitutionale oder eine limitationale

    Produktionsfunktion unterstellt werden; im ersten Falle wird dann eine

    konstante Auslastung von K unterstellt , im zweiten Falle steigt mit  der

    Produktion der Auslastungsgrad von K (es werden freie technische  

    Kapazitäten unterstellt):

 

    y = y(N, K)

              +   +

    also:

 

    NN = N(y, K)    bei   y = yA.

                  +  + 

    Der Kapitalstock K ist gegeben.

 

d. Die U fragen Investitionsgüter nach;

    die reale Investitionsgüternachfrage j besteht  aus zwei Komponenten:

     - j(i, ..)  ist abhängig vom Zinssatz i,

     - ja  ist autonom bzw. vorgegeben (d.h. aufgrund  von Entscheidungen in

            der Periode davor  bereits determiniert),

 

      j = j(i , ..) + j a

              - 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

e.  Die U finanzieren jede Investition, jede  Realkapitaleinheit über den

Kapitalmarkt via Ausgabe von Aktien oder Anleihen (beides sind hier quasi-homogene Titel,  unterstellt ist ein vollkommener Kapitalmarkt), dabei wird jeder Kapitalertrag bzw. Gewinn an die Eigentümer (d.h. die

     HH)  voll ausgeschüttet und durch Normierung gilt:

       

1 Bond (real)   =  1  Kapitaleinheit (real).

 

 

f.   Die U halten Geld zur Durchführung der Transaktionen  (LU).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

III.2.3.  Die Zentralbank

 

 

Hier wird von einer sog. unabhängigen Zentralbank ausgegangen, d.h. die Zentralbank wird als eine eigenständige juristische Person betrachtet und nicht als Teil der Regierung  (also beispielsweise nicht als eine Abteilung innerhalb des Finanzministeriums). Sie ist dabei keine privatwirtschaftlich agierende Bank (mit beispielsweise dem Ziel der langfristigen Maximierung der Kapitalrendite).  Sie agiert unter einer ihr  (vom Souverän oder vom Parlament) vorgegebenen Zielsetzung.

 

Gleichzeitig wird im Multiplikatormodell auf die Berücksichtigung von Geschäftsbanken verzichtet.  Entsprechend ist die Zentalbank als der gesamte  Bankensektor, bestehend aus einer Zentralbank und der Gesamtheit aller Geschäftsbanken, zu verstehen. Die Zentralbank verfügt dabei über die Instrumente, das Verhalten der Geschäftsbanken vollkommen steuern zu können.

 

Untenfolgend werden einige Begriffe erläutert, die unmittelbar im Zusammenhang mit der Zentralbanktätigkeit  stehen.

 

a.       Das Geldangebot

 

Die Zentralbank regelt die Höhe des Geldangebotes und bestimmt

damit die gesamtwirtschaftliche Geldmenge M:

 

      M = MA.

 

Geld entsteht dadurch, daß die Zentralbank am Wertpapiermarkt

Wertpapiere (z.B. Anleihen)  kauft, diese Wertpapiere mit dem von der

Bank emittierten Geld (z.B. Banknoten) bezahlt und diese Wertpapiere

dann als Aktiva hält.

Diese Form der Geldpolitik bzw. Geldschaffung  heißt „Offen-Markt-

Politik“.

 

 

 

 

 

 

 

b.      Der Liquiditäts-Effekt

 

Der (später zu erklärende und empirisch zu  beobachtende) Liquiditäts-Effekt besagt, daß

-         eine Erhöhung der Geldmenge M unmittelbar zu einer Reduktion

des (Markt-) Zinssatzes i  führt  bzw. daß

         -   M und i negativ korreliert sind.

 

 

 

c.       Die Korrelation zwischen Zinssatz und Börsenkurs

 

         Es besteht eine (später zu erklärende und empirisch zu beobachtende)

         negative Korrelation zwischen dem  (Markt-) Zinssatz i und dem

         (Börsen-) Kurs von Anleihen und Aktien  PK.

 

d.      Die Geldpolitik

 

Für die Geldpoltik der Zentralbank wird unterstellt, daß sie stets (quasi in jeder Minute)

- soviel Geld anbietet (bzw. Wertpapiere nachfragt), daß der Zinssatz

   i unverändert  (bzw. konstant) ist bzw. daß sie

- die Geldmenge so variiert bzw. anpaßt, damit gilt:

 

         di = O.

           

         Damit gilt:  

 

             i  =  konst.  (bzw.: exogen).

 

Die Zentralbank führt somit eine Zinspolitik durch, d.h. sie stabilisiert

         das Zinsniveau der Volkswirtschaft. Sie führt also nicht (wie in den

meisten Modellen der offenen Volkswirtschaft)  eine Geldmengenpolitik durch, bei der sie M stabilisieren würde.

 

 

 

 

 

 

 

 

    Es wird also unterstellt, daß wenn i steigt (sinkt),  die Zentralbank die

    Geldmenge M kompensierend erhöht (reduziert).

 

    Wenn somit i = konstant ist, dann können keine zinsinduzierten Effekte

    (z.B. bei den Investitionen der Unternehmen oder der Ersparnis der

    Haushalte) auftreten bzw. sind im Modell nicht zu berücksichtigen.

   

    Damit ergeben sich auch keine durch Zinssatzänderungen bedingten

    Veränderungen der Börsenkurse. Annahmegemäß gilt damit auch:

 

                  PK = konst.  (bzw.:  exogen).

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

III.2.4.   Der Sektor: Staat

 

 

Im Sektor „Staat“ werden alle öffentlich-rechtlichen Körperschaften des Landes zusammengefaßt - genauer: im Multiplikatormodell wird im „Staat“ die gesamte Nachfrage staatlicher Einrichtungen aggregiert.

 

 

a.   Der Staat fragt Güter auf dem Gütermarkt nach,  die reale Nachfrage

      des Staates ist exogen:

   

     g = G / P = exogen.

       

b.    Der Staat erhebt keine Steuern.

    

       (Bei einer proportionalen Einkommenssteuer läßt sich das sog.

        Haavelmo-Theorem ableiten).

 

c.    Die Finanzierung der Staatsnachfrage G erfolgt  ausschließlich über 

       eine Kreditaufnahme in Form von emittierten (Staats-) Anleihen.

 

d.    Eine Finanzierung von G über die Emission von Geld ist

       ausgeschlossen.

      

e.    Der Staat fragt keine Arbeit nach, er tritt nicht  auf dem Arbeitsmarkt

       auf!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

III.2.5.  Der Sektor der privaten Haushalte(HH)

 

 

a.  Die privaten Haushalte bieten Arbeit an (bzw. fragen Arbeitsplätze

     nach),  ihr Arbeitsangebot ist in der analysierten Periode (d.h.:

     kurzfristig) gegeben:

    

    N A = konst.

 

     Durch diese Vereinfachung ist unmittelbar keine  Erklärung des

     Arbeitsangebotes erforderlich; diese folgt  (später) i.d.R. aus einem

     Optimierungskalkül des Haushaltes, in dem er genau die Menge an

     Arbeit bzw. Arbeitsleistung anbietet,  mit der er seinen maximalen

     Gesamtnutzen  erreicht.

 

     Durch diese Vereinfachung wird weiterhin unterstellt, daß die HH ihr

     früher irgendwie bestimmtes  Arbeitsangebot im Laufe der Periode

     nicht verändern.

 

     Nicht berücksichtigt wird hier somit eine Abhängigkeit wie beispiels-

     weise die, daß:

     -    das Arbeitsangebot umso kleiner ist, je größer das Realvermögen des

          HH ist.

 

    Allerdings sind im Multiplikatormodell (siehe  III.2.1) die Güterpreise P,

    der Nominallohnsatz W und damit auch der Reallohnsatz w = W/P 

    exogen vorgegeben bzw. konstant. Es kann damit auch kein Einfluß der

    Art berücksichtigt werden,  daß das Arbeitsangebot umso größer ist, je

    höher der erwartete Reallohnsatz ist bzw. daß es positiv vom

    (erwarteten) Reallohnsatz abhängt.

 

     Diese Verhaltensannahme läßt sich in dem Sinne verstehen, daß die

     Haushalte bis zu der von ihnen bestimmten Höhe zum herrschenden

     Lohnsatz jede Arbeit annehmen (aber nicht  glauben, diese Menge

     vollkommen realisieren zu  können).

 

 

 

 

     Dazu entsprechend wird für den Arbeitsmarkt in  diesem Modell 

     angenommen:

 

     NA < NN (: = N ) .

 

     Das Arbeitsangebot der HH ist stets größer als  die Arbeitsnachfrage

     seitens der U. Es herrscht (nachfragebedingte bzw. konjunkturelle)

     Arbeitslosigkeit.

 

     Diese Annahme ist Kennzeichen eines sog.  keynesianisches Modelles.

 

    

b.  Es besteht das nominale Einkommen Y    

     aus dem

     nominalen Arbeitseinkommen   WN 

     und dem

     nominalen Kapitaleinkommen   i Vo = i PK Bo.

 

     Für das reale Einkommen y (= Y/P) gilt:

 

    y = w N  +  i vo  =  wN  + i (PK/P)Bo   

 

      mit:

 

     Bo      =  Bestand an Wertpapieren in Händen  der Haushalte zu Beginn

                    der Periode (z.B.: am 1. Januar),

     i         =  (Markt-) Zinssatz bzw. Rendite der Wertpapiere,

     N       =   Beschäftigung (z.B. Arbeitsstunden),

     PK/P  =  realer bzw. relativer (Wertpapier-)Kurs,  

     vo         =  reales Vermögen der Haushalte zu Beginn der Periode,

     w         =  realer (bzw. relativer) Lohnsatz.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Kapitaleinkommen besteht aus den  

      -  Zinszahlungen auf privatwirtschaftliche Anleihen (z.B.: Industrie-

          obligationen) und auf staatliche Wertpapiere (z.B.: Staatsanleihen)

      sowie

      -  den Dividendenzahlungen auf Aktien.

 

      Es werden zwei Annahmen getroffen:

      1.  alle Gewinne werden an die Aktionäre ausgeschüttet,

      2.  Aktien und Anleihen (staatliche wie private) sind vollkommene

          Substitute,

          d.h.: a.  sie sind in der Sicht der HH  vollkommen  gleich,

                    b. Risikounterschiede bezüglich der Zinsen und Dividenden 

                        sowie des Kapitals werden nicht berücksichtigt

                        (Staat und U haben dieselbe Bonität),

                    c. Motive wie Einflußnahme auf Unternehmensentscheidungen

                        (bei Aktien) werden vernachlässigt (und damit die

                         Unterscheidung von Eigen- und Fremdkapital).

 

c.  Die HH fragen Konsumgüter nach;

     ihre nominale Konsumsumme beträgt C,

     es ist der (Geld-)Betrag, den sie für den Kauf von  Konsumgütern

     ausgeben wollen bzw. planen auszugeben;

 

     ihre gewünschte reale Konsumgüternachfrage ist:   c =C/P.

 

     Die reale Konsumgüternachfrage c ist begrenzt  durch das reale 

     Einkommen y und das reale Vermögen vo:

     c ist ceteris paribus (c.p.) umso größer,  je größer  y  ist,

     c ist c. p. umso größer, je größer das Vermögen ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Es gilt:

      -  für die reale Konsumgüternachfrage:

 

          c = c ( y ,  v0,  ...)

                      +    +

       bzw.:

       -  für die nominale Konsumgüternachfrage:

    

           C = P  c( y,  v0, ...).

                           +    +

 

       Dieses ist die

       -   keynesianische Konsumhypothese bzw.

       -   kurzfristige absolute Einkommenshypothese des Konsums.

 

          Die Einkommenselastizität des Konsums  lautet:

 

                                             dc         dc

                          dc    y           c         dy

          E (c,y) = ----   ---  =  -----  =   -----

                          dy    c          dy          c

                                                y          y

 

 

          Die marginale Konsumneigung gibt an, um  wieviel der HH seinen

          Konsum plant zu erhöhen, wenn sein Einkommen um eine Einheit

          steigt; sie ist größer als 0 und kleiner als 1 und lautet:

 

                                cy =  dc/dy                                                    

 

          Die durchschnittliche Konsumneigung ist die Quote, die angibt,

          wieviel der HH vom Einkommen durchschnittlich für Konsum

          ausgibt; sie lautet:

                                =  c/y.

 

 

 

 

Eine  Einkommenselastizität von  2,5 bedeutet, daß eine

          Einkommenserhöhung von 1 %  zu einer Konsumerhöhung um 2,5 %

          führt.

 

d.  Die HH planen eine reale Ersparnis s (=S/P) zur Erhöhung ihres realen

     Vermögens v im Umfang von:

 

      s = y  -  c.

 

      Dabei gilt definitorisch:

  

       s = dv = v 1  - v o,

  

       d.h.: die Differenz zwischen dem Vermögen am  Ende der Periode (z.B.  

       am 31. Dezember) und zu  Beginn der Periode (z.B: am 1. Januar) ist

       die Ersparnis der Periode (z.B. des Jahres).

       Die marginale Sparneigung ergibt zusammen mit der marginalen

       Konsumneigung den Wert:  1

       (Achtung:    es gibt hier keine Steuern,  sonst käme noch der Steuersatz

                            der Einkommenssteuer  hinzu).

       Die HH halten ihr Vermögen in Form von

       - Wertpapieren

          (Aktien, Anleihen der U und des Staates)

          und

       - Geld (unverzinst).

 

e.    Die HH unterliegen keiner Geldillusion;

       es existiert Freiheit von Geldillusion!

       D.h.:

       -  die reale Konsumgüternachfrage ist unabhängig von P

          (dem Preisniveau);

       -  wenn sich das nominale Einkommen  Y,  das nominale Vermögen V 

          und die Preise P um denselben Prozentsatz verändern, dann ver-

          ändert sich auch der nominale Konsum C um diesen Prozentsatz und

          der reale Konsum c bleibt unverändert.

 

f.    Die Haushalte sind in dem Sinne klein, daß sie  auf keinem Markt die

      Preise direkt setzen können.

      Für die HH sind für die Planungsperiode exogen und vorgegeben:

       W , P ,  PK  sowie i und folglich auch w  (und natürlich auch Vo).

 

 

IV.  Das gesamte Marktsystem im Modell

 

IV.1.  Das Modell  in absoluten Größen

 

 

Das Multiplikatormodell besteht aus den Gleichungen zu den unter IV.1.1. bis IV.1.4. dargestellten vier Märkten.

In IV.1.5. sind diese Gleichungen zusammengefaßt im Multiplikatormodell präsentiert.

 

IV.1.1.  Der Arbeitsmarkt (Arbeitslosigkeit)

 

 

N : = NN < NA = konst.;        

NN = N(y,K)

              +

 

W, w   konstant,

K         gegeben,

NA      gegeben.

 

Auf dem Arbeitsmarkt herrscht stets ein Überschußangebot.

Das kurze Marktende bestimmt das Marktvolumen.

Diese Größe des Ungleichgewichts hat keine Rückwirkungen auf einen anderen Markt (Annahme!).

Die Höhe der Beschäftigung N ergibt sich bei gegebenem Kapitalbestand rekursiv in Abhängigkeit von der Höhe der Produktion bzw. dem realen Einkommen.

 

 

 

 

 

 

IV.1.2.  Der Gütermarkt  (im Gleichgewicht)

 

yA = yNe = yN

 

yN = c(y,vo,...) + ja + j(i,...) + g

y:= yA = yN

 

P konstant,

v0  gegeben.

Daraus folgt:

 

y  (= yA) = c(y, vo, ...) + ja + j(i, ... ) +g

                      +                           -

 

Auf dem Gütermarkt wird der Wert von y gesucht, bei dem das geplante Angebot der U genauso groß ist wie die geplante Nachfrage der HH ( c ), des Staates ( g ) sowie der Unternehmen ( j ). Dann ist der Gütermarkt im Gleichgewicht.

 

 

IV.1.3.  Der Wertpapiermarkt

             (im Gleichgewicht)

 

Auf dem Wertpapiermarkt wird der Börsenkurs PK bestimmt.

Der Staat und die U emittieren in dieser Periode Wertpapiere (zusätzlich) im Wert ihrer nominalen Nachfrage nach produzierten Gütern in dieser Periode.

Der Wert des (zusätzlichen) Angebotes ist :

 

PK dB  =  PK (B1 - Bo)  =

 

 

 

 

Dieser Wert auf dem Wertpapiermarkt entspricht dem Wert der von ihnen nachgefragten Güter:

=   P (g + j +ja).

 

Dem Wert des zusätzlichen Angebotes entspricht der Wert der von den HH in dieser Periode zusätzlich nachgefragten Wertpapiere (zur Erhöhung ihres Vermögens).

 

Wenn der Wertpapiermarkt im Gleichgewicht ist, dann entspricht die gewünschte Ersparnis der HH in dieser Periode diesem Wert:

 

S  =  PK dB.  

 

 

IV.1.4.   Der Geldmarkt  (im Gleichgewicht) 

 

 

M  :=  MA  =  L U + L HH

 

Das Geldangebot ist gleich der Geldnachfrage (bzw. gleich der Nachfrage nach Liquidität  L)  seitens der Haushalte und Unternehmen.

 

Die gesamtwirtschaftliche nominale Geldnachfrage L (bzw. reale Geld-nachfrage l = L/P)  wurde bisher nicht erklärt.

Sie hängt ab von

-   der Höhe des Einkommens Y  (bzw.: y) ,

     da Geld zur Durchführung der Transaktionen  benötigt wird, d.h. aus   

     dem Transaktionsmotiv nachgefragt und verwendet wird,

-   der Höhe des Vermögens Vo (bzw. vo),

     da Geld als Vermögen betrachtet wird, d.h. aus  dem Anlage- bzw.

     Spekulationsmotiv nachgefragt und gehalten wird,

-    der Höhe des Marktzinssatzes i,

     da mit steigendem i die Opportunitätskosten der Geldhaltung steigen.

 

 

 

 

 

Es gilt dann:

 

l  =  l ( y , vo , i )

           +    +    -

bzw.:

L = P  l ( y , vo , i ).

               +   +     -

 

Auf dem Geldmarkt wird der Zinssatz  i bestimmt; hier paßt die Zentral-bank die Geldmenge stets so an, daß der Zinssatz i unverändert bleibt.

Steigt beispielsweise y und damit bei gegebenem P das Einkommen Y, so daß die Wirtschaftssubjekte zur Durchführung des Tausches auf den Märkten mehr Geld benötigen (L und l steigen), dann würde es zu einer Erhöhung des Zinssatzes kommen (da Geld relativ knapper geworden ist). Diese Zinserhöhung verhindert die Zentralbank, indem sie am Wertpapiermarkt Wertpapiere kauft und diese mit (zusätzlich geschaffenem) Geld bezahlen. Die Geldmenge ist dadurch gestiegen, der Zinssatz i bleibt unverändert.

Es gilt für die Veränderung:

 

dM  =  dL  = P ly dy.

 

Da die Geldmenge zum Vermögen der HH gehört, können sie in dieser Periode nur zusätzliches Geld halten, wenn sie einen Teil ihrer Ersparnis dieser Periode in Form von Geld halten bzw. einen Teil der zusätzlichen Wertpapiere dieser Periode (vgl. IV.1.3)  an die Zentralbank verkaufen.

Dieser Anteil sei ß  (ß < 1).

 

Dann gilt:

 

dV  =  S  =  dL  +  (1 - ß) PK dB.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

IV.1.5.  Die zusammengefaßten Gleichungen

(Das Multiplikatormodell in Absolutgrößen)

 

y  (= yA) = c(y, vo, ...) + ja + j(i, ... ) + g

                      +                           -

N = N(y, ...)

               +

M  =  P l(y, ...)

 

PK dB  =  P (g + j +ja)

 

 

IV.2.   Zur Methodik der Analyse

 

a.

Der Ausgangpunkt jeder Analyse ist stets ein  Gleichgewicht (auf dem Güter-, Geld- und Wertpapiermarkt).

 

 

b.

Das Gleichgewicht wird exogen gestört, (es erfolgt eine Analyse der Auswirkungen von  Schocks bzw.  Störungen des Systems) .

 

 

c.  

Eine Störung ist jede Veränderung einer  exogenen (nicht durch eine Verhaltensannahme  bzw.  Hypothese erklärten) Variable;

 z.B.:               dg > o   oder       dg < o.

 

Es gibt viele mögliche Schocks, deren Auswirkung im Multiplikatormodell erklärt  werden können; exogen können sich u.a. ändern:

g,  ja,  co,  cy,  ........    .

 

 

Beachte: 

auch eine Veränderung von g  (also der politisch determinierten Größe bzw. von wirtschaftpolitischen Instrumenten) stellt eine Störung dar.

d. 

Unterschieden wird eine expansive (bzw. sich auf  y  expansiv auswirkende) und eine kontraktive Politik (z.B. Fiskalpolitik) oder Störung.

e. 

Ermittelt wird die Veränderungsrichtung  der  endogenen Variablen infolge eines Schocks.  Es erfolgt eine sog. „Qualitative Analyse“. Die Veränderung wird ermittelt, indem der Wert  einer Variable (z.B.  von y)  nach dem Schock im  neuen Gleichgewicht verglichen wird mit ihrem  Wert im alten Gleichgewicht (vor dem Schock).

 

 

IV.3.  Das Modell in Veränderungsgrößen 

           (Ein Differentialgleichungssystem)

 

 

Es werden die totalen Differentiale der in IV.1. dargestellten Gleichungen auf den Märkten gebildet.

 

 

IV.3.1. Arbeitsmarkt

 

 

Der Kapitalstock ist gegeben (dK = 0).

Die Veränderung der Beschäftigung folgt aus der Veränderung der Produktion (dy) sowie der Höhe des marginalen Arbeitskoeffizienten.

Der marginale Arbeitskoeffizient gibt an, um wieviel die Beschäftigung steigt, wenn eine Einheit mehr produziert wird;  da seine Höhe von der eingesetzten Technologie abhängt, ist sein Wert kurzfristig gegeben.

Der Kehrwert des marginalen Arbeitskoeffizienten ist die marginalen Arbeitsproduktivität.

 

IV.3.2.  Der Gütermarkt

 

Bei gegebenen Preisen wird auf dem Gütermarkt die sich ergebende Veränderung des Einkommens bzw. der Produktion bestimmt.

Es werden (nur) Schocks betrachtet, die auf dem Gütermarkt auftreten.

 

 

Die dritte Gleichung ist nach dy aufgelöst und zeigt die Auswirkung beispielsweise einer exogenen Veränderung der autonomen Investition und der Staatsnachfrage.

Sie bildet den Kern des Multiplikatormodells, da sich die Veränderungen aller anderen endogenen Variablen jetzt rekursiv ermitteln lassen.

 

So gilt für die Veränderung des Konsums:

 

dc = d co + (cy dy) + y d(cy)

 

 

 

 

 

 

 

 

bzw. bei konstantem c0 und unveränderter marginaler Konsumneigung:

 

 

 

IV.3.3.  Der Wertpapier- bzw. Kapitalmarkt

Bei gegebenen Preisen für neuproduzierte Güter (P) sowie existierende Kapitaleinheiten (PK)  - beide können gleich eingesetzt werden - entspricht die Veränderung des Bestandes der emittierten Wertpapiere dem Ausmaß des Schocks, d.h. beispielsweise  dem Wert der zusätzlichen Investitionsgüter-  und / oder Staatsnachfrage.

 

PK dB  = P dja  + P dg.

 

 

IV.3.4. Der Geldmarkt

 

 

Die Zentralbank paßt die Geldmenge an. Es gilt:

 

dM = dL = P ly dy.

 

Die Veränderung der Geldmenge ergibt sich rekursiv aus der Veränderung des Einkommens und der Einkommensabhängigkeit der realen Geldnach-frage. Sie sagt, um wieviel die Nachfrage nach Geld steigt, wenn das Einkommen um eine Einheit steigt. Der Wert der Einkommensabhängigkeit ist (ebenso wie der von P) exogen vorgegeben.

 

IV.3.5. Die zusammengefaßten Gleichungen

(Das Multiplikatormodell in Veränderungsgrößen)

 

dy = cydy + dja + dg

 

dN = Ny dy

 

dM = Plydy

 

PK dB  = P (dja  +  dg)

 

 

 

IV.4.  Das Modellergebnis

 

Es wird i.d.R. nur eine exogenen Störung (isoliert) betrachtet. Diese sei hier dg ( > 0 ), dabei:

 

                                                                                                                                   

              1

dy = ------------   dg.

            1 - cy

 

 

Dann gilt:

a.

Das Einkommen (vgl. IV.3.2) steigt um ein Vielfaches von (dg).

Dieses Vielfache ist der  sog. Multiplikator.

Der Multiplikator ist umso größer, je größer  (bzw. je kleiner) die marginale Konsumneigung  (Sparneigung) ist.

 

 

 

b.

Die Ersparnis steigt mit dem Einkommen genau um den Betrag von (dg).

Achtung:

die Ersparnis ist keine Voraussetzung für dg  (oder dja),  die zusätzliche Ersparnis (ds) wird aus dem  zusätzlichen Einkommen gebildet und sie        entspricht im neuen Gleichgewicht der zusätzlichen exogenen Nachfrage (ds = dg ).

 

c.

der Bestand an Wertpapieren/Bonds steigt um den Betrag von (dg)

(Achtung:  es gilt unverändert PK =  P = konst.).

 

 d.  

Die Beschäftigung steigt in Abhängigkeit von dy  gemäß der Einkommenselastizität   der Beschäftigung  E(N,y):

 

                              y           dN     y

      E(N,y) = Ny  ----    =  -----   ----

                              N           dy     N

 

Die Einkommenselastizität der Beschäftigung  gibt an, um wieviel Prozent die Beschäftigung  steigt (dN/N), wenn die Produktion bzw. das reale Einkommen um 1 v.H. steigt (dy/y = 1).

 

Eine Beschäftigungselastizität von 0,3 bedeutet  somit, daß eine Einkommenserhöhung von 2 v.H. die Beschäftigung  um  0,6 v.H. erhöhen wird. Dieses ist der Kern des sog. Gesetzes von Okun (Okun`s Law).

 

 Für die Veränderung  der Beschäftigung gilt:

 

     dN = (N/y)   E(N,y)  dy.

 

Sie wird bestimmt durch die Veränderung des  Einkommens und den (kurzfristig) gegebenen Wert der Einkommenselastizität E(N,y) sowie

den Wert des durchschnittlichen Arbeitskoeffizienten (N/y).

 

 

 

 

 

 

 

IV.5.       Die Dynamik des Modells

 

 

IV.5.1.    Ein Modellbeispiel

  (Gleichungen mit Pfeilen)

 

Es wird in Form eines Pfeilschemas gezeigt, welche Prozesse nach einer exogenen Störung ablaufen und wie es zum neuen Gleichgewicht kommt. Unterstellt  wird eine marginale Konsumneigung von cy = 0.8 .

 

 g­ = yN­ = ( yN - yA ) > 0 ® yA­ =  y­ ® ¼

(dg = 1)                                              (N­)      ( dy = 1 )

      

 

(Im Wert von Pdg bietet der Staat zusätzliche Anleihen an; auf dem Wertpapiermarkt entsteht ein Überschußangebot. Mit y steigt: L= P l(y) , M wird entsprechend stets erhöht.)

 

 

¼® c­ = yN­ = ( yN - yA ) > 0 ® yA­ = y­ ® ¼

             (cy)                                                       (dy = 1 + 0.8 )

 

 

¼® c­ = yN­ = ( yN - yA ) > 0 ® yA­ = y­ ® ¼

                                                               (dy = 1 + 0.8 + 0.64 )

                                                              .

                                                              .

¼®                                                        (dy = 5).

 

 

 

 

 

 

Dieser Anpassungsprozeß infolge einer Erhöhung der Staatsnachfrage um eins (dg = 1) ist beendet, wenn gilt  bzw. erreicht ist:

 

dy = 5    

 

mit:  

 

ds = 1   und  dc = 4 .

 

Dann sind bei den gegebenen Preisen die Überschußnachfrage auf dem Gütermarkt ebenso wie das Überschußangebot auf dem Wertpapiermarkt infolge der Reaktionen der Unternehmen und der Haushalte wieder gleich Null.

Die Geldmenge ist gestiegen; sie wurde angepaßt damit keine Zinseffekte (di=0) auftreten.

 

Damit sind der Gütermarkt, der Wertpapiermarkt und der Geldmarkt wieder im Gleichgewicht.

 

Auf dem Arbeitsmarkt herrscht immer noch Arbeitslosigkeit. Aber die Arbeitslosigkeit ist gesunken und die Beschäftigung ist bei gegebenem Reallohnssatz gestiegen

Achtung:

1.

Der Reallohnsatz ist niedriger als die Arbeitsproduktivität. Es ist  für die U lohnend jede zusätzliche Nachfrage zu befriedigen, da mit jeder zusätzlich produzierten Einheit bzw. mit jeder zusätzlich eingesetzten Arbeitskraft der Gewinn steigt. Dieser Gewinn ist aber nur zu realisieren, wenn die Nachfrage nach den Güter vorhanden ist, es herrscht eine nachfragebedingte bzw. konjunkturelle Arbeitslosigkeit.

2.

Wäre der Reallohnsatz gleich der Arbeitsproduktivität, dann würde die zusätzliche Nachfrage des Staates nicht zu einer zusätzlichen Produktion und Beschäftigung führen, weil es für die U nicht lohnend ist bzw. zu keinem höheren Gewinn führt. Die Staatsnachfrage würde die private Nachfrage „verdrängen“; es gibt einen Verdrängungseffekt (crowding-out). Dieses tritt nicht ein bzw. die Produktion steigt um dg, wenn es durch dg beispielsweise zu Preissteigerungen kommt und damit zu einem niedrigeren Reallohn (bzw. niedrigeren marginalen Arbeitskosten). Dann hätten die U den Gewinnanreiz und würden die Produktion ausdehnen und zusätzliche Arbeitskräfte nachfragen.

 

 

 

 

IV.5.2.  Graphische Darstellung

             des Multiplikatormodells

 

Die 45-Grad Linie markiert alle Kombinationen von Angebot und Nach-frage, bei denen Gleichgewicht herrscht.

Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage ergibt sich aus der Konsumfunktion, auf die die Investitions- und die Staatsnachfrage horizontal addiert wurde. Das Ausgangsgleichgewicht beträgt yo*. Die exogene Störung (dg) verschiebt die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nach oben; das neue Gleichgewicht y1* folgt aus einer Anpassungssequenz von yA und c.   

                          

yN = c + g + j                          

                                                                          45°

 

 

 

 


                                                            c + g  + j

                                                                 

                                                              c =  c0 + cyy

 

 

 

 

dg{

 

  c0

 

                                                                             y,yA        

                                          y0*      dy       y1*

 

V.          Schlußbemerkungen

 

V.1.      Die zentralen Modellcharakteristika

 

 

Bei  dem Multiplikatormodell handelt es sich um ein kurzfristiges (keynesianisches) Festpreis-Modell:

 

a.   Festpreis-Modell, weil:

 

      [P,W,w,i,PK]  konstant     

    

      bzw.:      

    

      [dP,dW,dw,di,dPK] = 0

 

b.   Kurzfristiges Modell, weil:

 

      [K,vo ] gegeben                 

 

      bzw.:      

 

     [dK, dvo] = 0

 

c.    Keynesianisches Modell, weil:

      

       die kurzfristige, vom tatsächlichen absoluten Einkommen

       restringierte Konsumhypothese verwendet wird,

       die Existenz einer nachfragebedingten Arbeitslosigkeit unterstellt wird,

       es eine Erklärung für staatliche Stabilisierungs-

       möglichkeiten  bei Störungen auf dem Gütermarkt ist.     

 

 

 

 

 

 

 

 

V.2.         Ausblick

            

Es geht hier um die Darstellung der Begrenzungen des Multiplikatormodells bzw. um die Darstellung  notwendiger Erweiterungen dieses gesamtwirtschaftlichen Ansatzes, um weitere wesentliche Effekte zu berücksichtigen (bzw. die Annahmen des Modells realitätsnäher zu gestalten).  Bei jeder Erweiterung wird dann der sich ergebenden Multiplikatorwert kleiner werden.  Er tritt nie wieder in dieser reinen Form auf.

Das gesamtwirtschaftliche Modell ist zu erweitern um:

 

a.

-    Steuern und Staatsbudget

      mit der Unterscheidung von Brutto-Einkommen und verfügbarem

     (bzw.  Netto-) Einkommen;

     es ist der Übergang zu einer geschlossenen Volkswirtschaft mit Staat;

 

b.

-   sich bei Marktungleichgewichten verändernde Preise bzw. variable

    Preise;

    es ist der  Übergang zu sog. Flex-Preis-Modellen;

 

    mit dP  gibt es dann Preiseffekte

             u.a. auf  w = W / P;  M / P;   v = V / P; 

    mit di  gibt es dann Zinseffekte

             u.a. auf  j; s; c;

    mit dW und dPK gibt es weitere Arbeits- und Kapitalmarkt-Effekte;

 

c.

-   weitere Verhaltensweisen,

    d.h. es sind weitere Variable durch Verhaltenshypothesen zu erklären  

    bzw. zu endogenisieren, wie u.a. :

       - die Investition ist zu erklären, z.B.:  j=j(i, ..?..),

       - die Geldnachfrage, das Geldangebot,

       - das Arbeitsangebot, die Arbeitsnachfrage;

 

     es ist der Übergang u.a.  zu  (mikroökonomisch fundierten)  nutzen-   

     und kostentheoretischen Erklärungen;

 

 

 

 

d.

-   weitere Anpassungsmechanismen:

 

    z.B. kann ein Ungleichgewicht auf dem Gütermarkt,  dann ist

    (yN - yA ) > oder <  0, gleichzeitig führen zu

      -   Mengenreaktionen (yA paßt sich an) und/oder

      -   Preisreaktionen (P verändert sich) und/oder

      -   „Lagerhaltungsreaktionen“ (Anpassung über Lagervariation oder

          Warteschlangen);

 

     es können aber auch modelliert werden

     -  andere Markt- und Organisationsformen wie:

         Oligopole  (anstelle von Polypolen bzw. Mengenanpassern),

     -  unternehmerische Preissetzung  in Form z.B.  einer  Zuschlags-

         kalkulation oder Monopolpreisbildung;

 

e.

-  weitere zukünftige Perioden;

   

     erforderlich ist der Übergang zu einer Mehrperiodenanalyse:

 

    das System bleibt nicht beim neuen y* „stehen“, da u.a.:

     -  die Ersparnis S in Periode t  das Anfangsvermögen  in Periode t+1

         erhöht (es gibt Vermögenseffekte u.a. auf C in t+1);

     -   die Investition j in Periode t den Kapitalstock in Periode t+1 erhöht

         (es verändert sich die Arbeitsnachfrage der U und u.a. die

         Einkommensverteilung, wodurch sich die aggregierte  Konsumgüter-

         nachfrage ändern kann);

     -  die Tätigkeit in Periode t über  Lerneffekte die Arbeitsproduktivität in 

        t+1 erhöht  (es verändern sich wieder N und y usw.);

   

    außerdem:

     -   planen HH und U nicht nur kurzsichtig für eine Periode,

     -  werden HH und U Erwartungen über die Wirtschaftspolitik und die

        wirtschaftliche Entwicklung in zukünftigen Perioden (t+1 und t+2 

        usw.)  bilden und in ihren Planungen berücksichtigen, da von den  

        zukünftigen wirtschaftspolitischen Entscheidungen und gesamt-  

        wirtschaftlichen Entwicklungen (z.B. Konjunkturschwankungen)

        u.a. die Höhe und Struktur der optimalen Investitionen und Ersparnis

         bereits in t  abhängen.

 

 

 

 

f.

-  Erklärungen der Politik (bzw. der Motive und Verhaltensweisen der

    Politiker) und  der Institutionen, wie u.a.:

     -   der Geldpolitik, Zentralbank, Bankenaufsicht;

     -   der Fiskalpolitik, Regierung, Lobbying usw.;

   

g.

-   den Sektor: „Ausland“;

     mit dem Übergang zur Analyse einer sog. offenen Volkswirtschaft bzw.

     von Mehr-Länder-Modellen sind zu berücksichtigen:   Außenhandel,

     Kapitalverkehr, Wechselkurse, Zahlungsbilanz, Migration usw..

 

 

V.3.   Ökonomische Modellierung

 

Ein Ökonom hat niemals das Ziel, ein vollkommenes Modell bzw. ein alle möglichen Einflüsse und Interdependenzen erfassendes (Welt-) Modell zu entwickeln.

Die Knappheit von Ressourcen (wie Zeit, Rechenkapazität, analytische Fähigkeiten, verfügbare Algorithmen usw.) und die Zielorientierung rationalen Handelns erzwingen die Konstruktion eines auf das jeweilige Problem hin konzipierten Modelles. Das anvisierte Ziel bzw. Problem  bestimmt mit den verfügbaren Ressourcen, welche Informationen und Erkenntnisse ökonomisch sinnvoll sind  - eine Maximierung der Information bzw. des Modellumfanges ist stets unökonomisch! Ist eine gegebene Fragestellung ökonomisch sinnvoll nur in einem gesamtwirtschaftlichen Modell systematisch zu  verstehen und zu lösen, dann führt die Aggregation zu keinem relevanten „Informationsverlust“, sondern zur Vermeidung eines nicht benötigten Zuviels an Information bzw. zur Vermeidung einer behindernden „Informationsüberflutung“ bzw. “Informationsverschmutzung“.

Entsprechend dient das Multiplikatormodell der Erklärung und Lösung ganz bestimmter gesamtwirtschaftlicher Fragestellungen und Störungen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Mechanismus wird zwar stets dargestellt und interpretiert als eine Art von ökonomischem Prinzip, welches von dem empirisch nicht falsifizierten Konsumverhalten der Haushalte getragen wird und überall auftritt.

 

Das Multiplikatormodell stellt aber ein sehr komplexes System von mindestens vier interdependenten Märkten dar, welches insbesondere für die Analyse von auf dem Gütermarkt auftretenden realen Störungen konzipiert wurde.